Mammakarzinom bei jungen Frauen: uni- vs. bilaterale Mastektomie
Junge Frauen mit einem Mammakarzinom erleiden im Vergleich zu älteren Patientinnen häufiger Tumorrezidive und haben eine schlechtere Überlebensprognose. Angesichts des erhöhten Risikos für einen kontralateralen Tumor stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß junge Patientinnen von einer kontralateralen prophylaktischen Mastektomie profitieren. Ein chinesisches Forscherteam beleuchtete diese Thematik im Rahmen einer retrospektiven Studie.
Mithilfe der US-amerikanischen SEER-Datenbank (SEER: Surveillance, Epidemiology and End Results) identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 36528 Frauen, die zwischen 2000 und 2019 im Alter von 40 Jahren oder jünger an einem unilateralen Mammakarzinom erkrankt waren. 21600 Patientinnen (59,1%) hatten sich einer unilateralen Mastektomie unterzogen, und 14928 (40,9%) hatten sich für eine zusätzliche kontralaterale prophylaktische Mastektomie entschieden. Als primären Studienendpunkt definierten die Forschenden das Gesamtüberleben. Den sekundären Studienendpunkt bildete das brustkrebsspezifische Überleben. Um eine Selektionsverzerrung und den Einfluss von Störvariablen zu minimieren, bildeten sie mithilfe von Propensity-Score-Matching 2 je 13089 Patientinnen umfassende Kollektive, die sich bezüglich 17 verschiedener Kovariablen bestmöglich ähnelten.
Ergebnisse
Die Studienpatientinnen waren im Schnitt 35,5 Jahre alt. Rund 78% hatten eine Chemotherapie absolviert. Die 5-Jahres-Gesamtüberlebensraten der kontralateral prophylaktisch und der lediglich unilateral mastektomierten Frauen betrugen 82,1 bzw. 75,8%. Auch im Hinblick auf das brustkrebsspezifische Überleben waren die bilateral mastektomierten Frauen im Vorteil (83,5 vs. 77,7%). Die multivariate Analyse ergab: Die kontralaterale prophylaktische Mastektomie senkte im Vergleich zur unilateralen Mastektomie sowohl das Gesamt-Sterberisiko als auch das brustkrebsspezifische Sterberisiko um 25% (jeweils Hazard Ratio 0,75; 95%-Konfidenzintervall 0,70–0,80). Subgruppenanalysen zeigten: Sowohl Frauen mit verschiedenen T-Stadien als auch verschiedenen molekularen Subtypen, verschiedenen Tumorgrößen, verschiedenen Tumorgraden sowie verschiedenem Radio- und Chemotherapiestatus profitierten hinsichtlich des Gesamtüberlebens von einer kontralateralen prophylaktischen Mastektomie. Gleiches galt für Frauen unterschiedlicher ethnischer Abstammung und für Frauen verschiedenen Familienstands. Ähnliches beobachteten die Forschenden im Hinblick auf das brustkrebsspezifische Überleben.
Fazit:
Bei jungen Mammakarzinompatientinnen verbessert die kontralaterale prophylaktische Mastektomie im Vergleich zur unilateralen Mastektomie sowohl die Gesamt- als auch die brustkrebsspezifische Überlebensprognose, schlussfolgern die Forschenden. Sie halten daher bei jungen Frauen mit unilateralen Tumoren die bilaterale Mastektomie für eine vernünftige Therapieoption. Randomisierte Studien mit großem Stichprobenumfang müssen nun allerdings diese Beobachtungen überprüfen.
Quelle:
Lorenz J. Mammakarzinom bei jungen Frauen: uni- vs. bilaterale Mastektomie. Frauenheilkunde up2date 2024; 18(02): 110 – 110. doi:10.1055/a-2243-0885
Publikationsdatum: 28. März 2024 (online)
Autor Studienreferat: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell