Für das fortgeschrittene Mammakarzinom stehen immer mehr orale Therapien zur Verfügung, deren Wirkungen und Nebenwirkungen jedoch engmaschig ärztlicherseits überwacht werden müssen. Wie gut erfüllt eine autonome, interaktive digitale Gesundheitsapplikation diese Anforderungen? Und wie wirkt sich ihre Anwendung auf die Lebensqualität der betroffenen Frauen aus? Diesen Fragen ging ein deutsches Forscherteam mithilfe der PreCycle-Studie nach.

An der an 71 Zentren durchgeführten randomisierten Phase-IV-Studie nahmen zwischen 2017 und 2021 499 Frauen mit einem hormonrezeptorpositiven (HR+) und für Human Epidermal Growth Factor negativen (HER−), lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom teil, die sich einer Kombinationstherapie aus Palbociclib und einem Aromatasehemmer (Erstlinie) bzw. Fulvestrant (spätere Therapielinie) unterzogen. Gemäß Randomisierung nutzten etwa zwei Drittel der Studienteilnehmerinnen eine voll funktionsfähige Version der CANKADO Pro-React-Applikation. Diese elektronische Gesundheitsanwendung erfragt täglich den Gesundheitszustand der Anwenderinnen sowie aufgetretene Beschwerden und dokumentiert die tägliche Medikamenteneinnahme. Auf der Basis dieser longitudinal erhobenen Parameter veranlasst das System zusätzliche Symptomfragebogen und gibt automatisiert Verhaltenshinweise, ob und wie dringlich die Anwenderin aufgrund eines Symptoms medizinische Hilfe in Anspruch nehmen sollte. Ein ärztlicher Kontakt entsteht dabei erst dann, wenn die Patientin diesen selbst initiiert. Die übrigen Studienteilnehmerinnen nutzten eine eingeschränkte CANKADO-Version, die zwar beispielsweise die tägliche Medikation, nicht aber Symptome dokumentierte und auch über keine Feedbackfunktion verfügte. Als primären Studienendpunkt definierten die Forschenden die Zeit bis zur Verschlechterung (Abnahme um 10 Punkte) der regelmäßig mithilfe des Functional Assessment of Cancer Therapy-General-(FACT-G-)Scores objektivierten Lebensqualität. Die sekundären Endpunkte umfassten das progressionsfreie und das Gesamtüberleben sowie die Verschlechterung der Lebensqualität.

Ergebnisse

 

In die Analyse zum primären Studienendpunkt flossen die Daten von 412 Frauen ein – 271 Nutzerinnen der aktiven CANKADO-Version sowie 141 Kontrollen. In diesen beiden Studienarmen betrug die mediane Nachbeobachtungszeit 20 bzw. 18 Monate. Bezüglich der Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität ergab die Datenauswertung eine deutliche Überlegenheit der aktiven CANKADO-Applikation gegenüber der Kontrollintervention (Hazard Ratio [HR] 0,698; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,506–0,963). Im Kollektiv der Erstlinienpatientinnen (n = 295) betrug die korrespondierende HR 0,716 (95%-KI 0,484–1,060) und im Kollektiv der Patientinnen mit einer späteren Therapielinie 0,661 (95%-KI 0,374–1,168). Die durchschnittlichen FACT-G-Scores nahmen im Studienverlauf stetig ab, wobei sich diesbezüglich jedoch dauerhaft ein Vorteil zugunsten der Interventionsgruppe zeigte. Im Hinblick auf die Prognoseendpunkte unterschieden sich die beiden Gruppen nicht wesentlich: Im Interventions- und im Kontrollarm betrugen das mediane progressionsfreie Überleben 21,4 bzw. 18,7 Monate und der Anteil der nach 24 Monaten ohne Tumorprogress überlebenden Patientinnen 41,6 bzw. 39,2%. Das mediane Gesamtüberleben wurde in der Interventionsgruppe nicht erreicht und betrug im Kontrollarm 42,6 Monate. Die Gesamtüberlebensraten nach 24 Monaten beliefen sich in den beiden Armen auf 75,1 bzw. 72,1%.

 

Fazit:

Patientinnen mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten, HR+/HER− Mammakarzinom profitieren während der oralen Tumortherapie im Hinblick auf die Lebensqualität von einer interaktiven, autonom arbeitenden Gesundheitsapplikation, schlussfolgern die Forschenden. Angesichts dieser vielversprechenden Studienergebnisse halten sie die Erforschung elektronischer Gesundheitsanwendungen auch in anderen Therapiesituationen für lohnenswert.

Quelle:

Lorenz J. Mammakarzinom: Elektronische Gesundheitsapplikation bringt Lebensqualität-Vorteil. Frauenheilkunde up2date 2024; 18(01): 8 – 9. doi:10.1055/a-2211-3544

Publikationsdatum: 13. Februar 2024 (online)

Autor Studienreferat: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell