Nach Brustkrebsoperation frühes Schultertraining sinnvoll
Nach der chirurgischen Behandlung von Mammakarzinomen entstehen häufig Bewegungseinschränkungen und Kraftminderungen der Schultern. Eine aktuelle prospektive Studie aus Südkorea konnte jetzt zeigen, dass ein frühzeitiges strukturiertes Physiotherapieprogramm im häuslichen Umfeld zu einer deutlichen Verbesserung der Schulterfunktion führte.
In die monozentrische Studie wurden zwischen 2020 und 2021 insgesamt 56 Patientinnen eingeschlossen, bei denen aufgrund eines Mammakarzinoms eine partielle oder totale Mastektomie durchgeführt werden musste. Das mittlere Alter lag in der Gesamtkohorte bei 50 Jahren. Es erfolgte eine 1:1-Randomisierung in eine Interventionsgruppe und eine Vergleichsgruppe: In der Interventionsgruppe erfolgten physiotherapeutische Maßnahmen mit 4 geführten Einheiten. In diesen wurden die Patientinnen angeleitet, Dehnungs- und Kraftübungen mit dem eigenen Körpergewicht in beiden Schultergelenken durchzuführen. Zusätzlich wurden die Patientinnen aufgefordert, täglich unter Videoanleitung zu trainieren. Die Übungen wurden mit 4 Stufen in ihrer Intensität gesteigert und das Programm erstreckte sich insgesamt über einen Monat.
Als primäre Studienendpunkte definierten die Autor:innen den Grad der passiven Schulterbeweglichkeit und die Schulterkraft. Zu den sekundären Endpunkten zählten Schmerzen und Einschränkungen der Schulter, gemessen mit dem SPADI (Shoulder Pain and Disability) -Fragebogen, chirurgische Komplikationen innerhalb von 6 Monaten nach der Operation, die Körperzusammensetzung (Bioimpedanzanalyse), die körperliche Aktivität (Korean Global Physical Activity Questionnaire), die Lebensqualität (EuroQol-5 dimensions-5 level Questionnaire) und der allgemeine Gesundheitszustand (EQ-5D-5L).
Ergebnisse
Nach einem Monat wiesen in der Interventionsgruppe insgesamt 19 Patientinnen (67,9%) die volle Schulterkraft im Vergleich zu vor der Brustoperation auf, in der Vergleichsgruppe war dies nur bei einer Patientin der Fall (3,6%). Nach 6 Monaten war bei 24 Patientinnen der Interventionsgruppe (85,7%) gegenüber 5 Patientinnen der Vergleichsgruppe (17,9%) die Schulterkraft wiederhergestellt. Der volle Bewegungsumfang im Schultergelenk wurde nach 6 Monaten von 22 Patientinnen der Interventionsgruppe (78,6%) aber nur von 6 Patientinnen in der Vergleichsgruppe erreicht. Auch die Auswertung der sekundären Endpunkte ergab Vorteile für die physiotherapeutische Intervention. So verbesserten sich die Schmerzsymptomatik, die Lebensqualität und das körperliche Aktivitätslevel und es ging insgesamt weniger Muskelmasse verloren als in der Vergleichsgruppe. Dabei traten in der Interventionsgruppe postchirurgische Komplikationen, wie eine Serombildung, Hämatombildung, das Axillary-Web-Syndrom bzw. Lymphödem nicht häufiger auf als in der Vergleichsgruppe.
Fazit:
Ein frühestmöglicher postoperativer Beginn von Dehnungs- und Kraftübungen der Schultern kann die Schulterfunktion nach einer Mammakarzinom-Resektion entscheidend verbessern. Die Übungen waren in der aktuellen Studie nicht mit einem vermehrten Auftreten von postoperativen Komplikationen verbunden. Die einfach zu implementierende Intervention könnte in der klinischen Praxis hilfreich sein, orthopädische Probleme bei Patientinnen mit Mammakarzinom zu vermeiden.
Quelle:
Franke K. Nach Brustkrebsoperation frühes Schultertraining sinnvoll. Allgemeinmedizin up2date 2024; 05(03): 198 – 199. doi:10.1055/a-2329-3635
Publikationsdatum: 12. August 2024 (online)
Autor Studienreferat: Dr. med. Katharina Franke, Darmstadt