Ein Teil der HER2-negativen Mammakarzinome exprimiert den Human Epidermal Growth Factor Receptor-2 nur schwach: Diese sogenannten HER2-low Tumoren weisen immunhistochemisch einen HER2-1+- oder -2+-Phänotyp bei negativer In-situ-Hybridisierung auf. Ein Forscherteam aus Japan ging nun der Frage nach, inwiefern sich HER2-low und HER2-negative Tumoren klinisch-pathologisch sowie hinsichtlich der Prognose unterscheiden.

Das Analysekollektiv umfasste 10125 invasive Mammakarzinome im Stadium I bis III, die zwischen 2000 und 2023 chirurgisch therapiert worden waren. In 1007 Fällen handelte es sich um Rezidivtumoren. 1227 Primärtumoren (12%) waren HER2-negativ, 7209 (70,6%) waren HER2-low und 1779 (17,4%) waren HER2-positiv. 66% der Rezidivtumoren und 52,7% der mittels neoadjuvanter Chemotherapie vorbehandelten Tumoren wiesen einen HER2-low-Phänotyp auf.

Ergebnisse

Der Vergleich der HER2-low- und der HER2-negativen Karzinome hinsichtlich klinisch-pathologischer Parameter ergab: Die HER2-low-Tumoren betrafen überproportional häufig Frauen im Alter unter 50 Jahre, gingen mit einem signifikant stärkeren Nodalbefall einher und korrelierten mit einer Östrogen-/Progesteronrezeptor-Positivität, einem geringeren nukleären Grading sowie einem niedrigeren Ki-67-Index. Bei Frauen mit tumorfreien Lymphknoten unterschieden sich die HER2-low und die HER2-negativen Tumoren bezüglich des krankheitsfreien Überlebens nicht. Bei einem Nodalbefall korrelierte HER2-Negativität dagegen mit einem signifikant schlechteren krankheitsfreien Überleben. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens waren die Frauen mit einem HER2-negativen Tumor unabhängig vom Nodalstatus gegenüber den Frauen mit einem HER2-low-Tumor immer im Nachteil. In der Gruppe der Rezidivtumoren erwies sich der HER2-low-Status gegenüber dem HER2-negativen Phänotyp mit Blick auf das Gesamtüberleben ebenfalls als signifikanter Prognosevorteil. Die Analyse der neoadjuvant vorbehandelten Karzinome ergab: Ein pathologisches Komplettansprechen trat bei HER2-low-Tumoren signifikant seltener ein als bei HER2-negativen und HER2-positiven Tumoren (9,2 vs. 16,3 vs. 24,2%; p < 0,001). Bei den Tumoren mit pathologischem Komplettansprechen war das krankheitsfreie Überleben unabhängig vom HER2-Status. Im Kollektiv der Tumoren ohne pathologisches Komplettansprechen gingen dagegen die HER2-low-Tumoren mit einem signifikant schlechteren krankheitsfreien Überleben einher.

Fazit:

Etwa 70% der Mammakarzinome weisen einen HER2-low-Phänotyp auf. Dieser korreliert mit günstigeren biologischen Parametern und geht im Vergleich zu HER2-negativen Tumoren mit einem besseren Gesamtüberleben einher, so die Forschenden. Allerdings sprechen HER2-low-Tumoren offenbar schlechter auf eine neoadjuvante Chemotherapie an, was sich in einer schlechteren Prognose niederschlägt. Angesichts dieser Besonderheiten sollten HER2-low-Tumoren als eigene Tumorentität definiert werden, meinen sie.

Quelle:

Lorenz J. HER2-low-Mammakarzinome weisen biologische und prognostische Besonderheiten auf. Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2024; 84(11): 1017 – 1018. doi:10.1055/a-2389-1270

Publikationsdatum: 7. November 2024 (online)

Autor Studienreferat: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell